So beharrt er weiter bei dem Wahn, dass alles wirklich Wichtige erst noch beginnen würde, und er wartete geduldig auf seine große Stunde, die noch immer nicht gekommen ist.
Ach, Giovanni: Man möchte ihn in den Arm nehmen, schütteln, ihn aufwecken! Dabei hat doch alles so hoffnungsvoll angefangen. Giovanni Drogo wurde gerade zum Offizier ernannt. „Das also war der Tag, den er seit Jahren herbeisehnte, der Beginn seines wirklichen Lebens“, beschreibt Autor Dino Buzzati. Giovanni sattelt sein Pferd, verlässt die geliebte Mutter und reitet zur unbekannten Festung fernab der Stadt. Bereits auf dem Weg dorthin ahnt er, dass kein großes Abenteuer auf ihn wartet. Und tatsächlich ist die Festung ein trister, öder Ort. Von hier aus soll die Grenze kontrolliert werden; der Angriff aus der Tatarenwüste wird seit Jahrzehnten erwartet. Drogo spürt, dass das Warten in eine müßige, langweilige Zeit ausarten wird. Er will die Festung verlassen, ja, er ist entschlossen! Immer und immer wieder!
Also leb wohl, alte Festung! Gefährlich wäre es, noch länger hierzubleiben. Dein Geheimnis ist kein Geheimnis mehr.
Doch er bleibt und gewöhnt sich schnell an das einfache Leben mit den netten Kameraden inklusive endlosen Schachpartien und an das „gute und reichliche Essen.“ Er steigt sogar auf, die anderen respektieren ihn und das Leben in der Stadt erscheint ihm immer fremder. Und überhaupt! Die Tataren könnten jederzeit angreifen und dann wird er hier auf der Festung dringend gebraucht. Seine große Stunde würde schon kommen!
Dabei vergisst er, dass sich der dunkle Strom der Jahre immer mehr verbreitert und dass die Zukunft für ihn keineswegs mehr einen unerschöpflichen Schatz darstellt, den man leichten Herzens verschwenden darf.
Autor Dino Buzzati enttäuscht den Leser nicht, es passiert tatsächlich noch Unglaubliches in der Tatarenwüste. Doch es wird alles andere als Giovanni Drogos große Stunde.   Zitate aus Die Tatarenwüste  

 Warum „Die Tatarenwüste“?

„Die Tatarenwüste“ ist mit 250 Seiten schnell gelesen und eignet sich ganz wunderbar als Urlaubslektüre oder als Büchlein zwischen den Jahren. Jeder Leser dürfte  in dieser Geschichte andere Akzente setzen und je nach Lebenssituation den einen oder anderen Spiegel vorgehalten bekommen. Dino Buzzatis Werk wurde von Le Monde zu den „100 Büchern des Jahrhunderts“ aufgenommen. Der Italiener brachte „Il deserto dei Tartari“ bereits 1940 heraus. Das Buch dürfte jedoch auch noch in Jahrzehnten aktuell sein.

Lesetipp

Vielleicht ist das Buch in einer mittelgroßen Ü-30-Lebenskrise ein bisschen zu hart. Vielleicht ist es aber auch ein großer Spaß, das Buch einem Beamten-Kumpel zu schenken. Auf jeden Fall dürfte die Lektüre der Tatarenwüste für jeden Literaturfreund jenseits der 28 ein Gewinn sein.

Details zu „Die Tatarenwüste“  von Dino Buzzati

In Deutschland erschien das Büchlein 1942 erstmals unter dem Titel „Im vergessenene Fort“. Sämtliche Zitate stammen aus der eBook-Ausgabe (2012) herausgegeben von „Die andere Bibliothek“.  Percy Eckstein und Wendla Lipsius übersetzen. Buzzati war übrigens gerade einmal 34 Jahre alt als er den Roman schrieb. Weitere Hintergünde zur Tatarenwüste sowie ernüchternde Facts über den Autor kann man hier in der FAZ nachlesen. Noch ein Anklick-Tipp: Wer „Die Tatarenwüste“ mag, könnte auch dieses Buch lieben – Mr. Vertigo.

Über Hella

Ich bin Hella. Mein Hobby ist angeln. Sätze angeln. Und die teile ich ab sofort auf meinem Blog. Ich lese schrecklich gerne und habe es in einem Urlaub schon mal auf 22 Bücher gebracht. Okay, ich gebe zu: Wir waren zehn Wochen auf Reisen. Wenn ich nicht lese oder reise, bin ich freie Autorin und Editor für einen E-Commerce-Shop. Was ich sonst noch mag: Gorgonzola, Coq au Vin, Tan Tan Men, gebratene Aubergine, Pannobile mit Käseplatte, Oum Shatt, Mittekill, Django Django, Element of Crime, Alexandra (ehrlich! voll!), Chilly Gonzales, Adam Green, Fleet Foxes, Zaz und am allerallermeisten meine wundervollen überdurchschnittlich lustigen Zwillingsmädchen.

© Die Satzfischerin

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