Aber wie wunderbar ist auch eine dunkle Wolke, die bei Tagesanbruch langsam in ein lichtes Grau hinüberwechselt, wie wenn Schwarz und Weiß sich mischen, bis sie endlich in der Dämmerung zerfließt.
Sei Shonagons Sprache steckt voller Poesie. Dieses wundervolle Zitat aus dem Klassiker „Das Kopfkissenbuch“ habe ich dem Kapitel „Wolken und Winde“ entnommen. Es schmerzt ein wenig. Denn: Es ist laut Übersetzern unmöglich, die ebenso leichtfüßige wie elegante Sprache der japanischen Hofdame ins Deutsche zu übersetzen. Und so bekommen wir nur eine Ahnung von Sei Shanagons Worten. Dem Leser erwarten winzigkleine Einblicke in den Alltag der Hofdame, die Kaiserin Fujiwara no Sadako nicht nur diente, sondern ihr auch eine gute Freundin und weise Unterhalterin war. Das tragische Ende erfahren wir nicht: Die Kaiserin starb mit 24 Jahren niemand weiß, was aus der Autorin wurde. Das Buch wurde vermutlich kurz nach dem Jahr 1001 verfasst und ist so etwas wie das Tagebuch der Sei Shonagon. Sie schreibt über „Hübsche Dinge“, „Über die Liebe“ oder „Musik an einem Regentag“. Die Geschichten aus dem „Kopfkissenbuch“ sind kurz, manchmal gar winzigkurz – aus gerade einmal zwei Absätzen bestehend. Der Leser bekommt eine Ahnung vom Leben am Hof, aber über sich selbst gibt Shonagon nur wenig preis. Sie ist die stille Beobachterin, die die Ereignisse in teils einfachen, teils anmutigen Worten aufs Papier bringt. Und am Ende geht es immer wieder um die Liebe …
Wenn zwei Menschen sich verlieben, dann ist die Zeit oft so kostbar, dass manches Mal alles in einem Augenblick entschieden ist.

Warum „Das Kopfkissenbuch“?

Das Kopfkissenbuch ist der Klassiker schlechthin in der japanischen Literatur. Immer wieder wird Sei Shonagons kurzes Buch zitiert – ob in der Weltliteratur oder in der Kunst. Den Leser erwartet keine rundum abgeschlossene Geschichte rum den Hof. Vielmehr kann sich der Leser sein eigenes Bild aus vielen Puzzlenteilen zusammensetzen. Denis Scheck schreibt, dass uns das Kopfkissenbuch „zeigt , wie hinter jeder Maske zeitlos Menschliches steckt.“  

Lesetipp: Das Kopfkissenbuch

Das Skizzenbuch eignet sich zum aufschlagen, kurz lesen und wieder zur Seite legen. Ich zitiere aus einem älteren Ausgabe aus dem „Bechtermünz“-Verlag. Optisch wesentlich ansprechender und in der Übersetzung auch nochmals überarbeitet ist das Bändchen mit dem Titel „Das Kopfkissenbuch der Dame Sei Shonagon“ aus der „Insel Bücherei“ – diese Ausgabe macht schwer etwas her und ist das perfekte Mitbringsel-Geschenk.  

Details zu „Das Kopfkissenbuch“

Ich beziehe mich hier auf eine leider nicht besonders hübsche Ausgabe „Das Kopfkissen Buch der Dame Sei Shanogon“ erschienen bei Bechtermünz für den Weltbildverlag aus dem Jahr 2000. Für den deutschen Markt wurde das Büchlein erstmals 1944 übersetzt, seitdem gibt es immer wieder neue Überarbeitungen und Ausgaben.   Noch ein Buchtipp: Wenn dir „Das Kopfkissenbuch“ gefällt, ist vielleicht auch Murakamis „Schlaf“ etwas für dich.   Bild: pixarbay

Über Hella

Ich bin Hella. Mein Hobby ist angeln. Sätze angeln. Und die teile ich ab sofort auf meinem Blog. Ich lese schrecklich gerne und habe es in einem Urlaub schon mal auf 22 Bücher gebracht. Okay, ich gebe zu: Wir waren zehn Wochen auf Reisen. Wenn ich nicht lese oder reise, bin ich freie Autorin und Editor für einen E-Commerce-Shop. Was ich sonst noch mag: Gorgonzola, Coq au Vin, Tan Tan Men, gebratene Aubergine, Pannobile mit Käseplatte, Oum Shatt, Mittekill, Django Django, Element of Crime, Alexandra (ehrlich! voll!), Chilly Gonzales, Adam Green, Fleet Foxes, Zaz und am allerallermeisten meine wundervollen überdurchschnittlich lustigen Zwillingsmädchen.

© Die Satzfischerin

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